Gesunder Menschenverstand

Was ermöglicht Laien, Kunst als solches wahrzunehmen und sich über sie auszutauschen? Arthur C. Danto schreibt in seinem Werk Die Verklärung des Gewöhnlichen, dass es kaum eindeutig entscheidbar sei, ob ein gewisser Gegenstand zu der "Menge" der Kunst gehört oder nicht. Ein Satz, wie "X ist ein Kunstwerk" diene nicht dazu, etwas über den Gegenstand auszusagen, sondern bringe unsere Gefühle dem Gegenstand gegenüber zum Ausdruck.

Was in einem Zeitalter, in einer Gesellschaft oder in einer Subkultur über Kunst gedacht, mit Kunst in Zusammenhang gebracht, was als künstlerische Leistung geschätzt wird, charakterisiert das jeweilige Kunstpublikum, die jeweiligen Rezipienten. Wo Unterscheidungen und Überlappungen zwischen Hochkultur und Popkultur thematisiert werden, ist immer gesellschaftskritische Schärfe zu spüren bzw. ein kritischer Blick auf die gesellschaftsferne Kunst, auf die Kunst als „Selbstzweck”. Man wird immer wieder daran erinnert, dass die Definitionen und die Begrifflichkeiten, mit denen man über Kunst und Kultur im Alltag nachdenkt oder spricht, im Allgemeinen stärker von popkulturellen, als von hochkulturellen Strömungen geprägt sind.

In "Air" wird über die Maniertheit und den Unsinn der abgehobenen Sprache gespottet, die teilweise unter den „Bewohnern der Kunstwelt” gesprochen wird. Die Autoren berichten in Form eines fiktiven Dokumentarfilmes über die Entstehung eines Kunstwerkes. Sie benutzen dabei gängige Darstellungsformen der Fernsehreportage, eine der offiziellen visuellen Sprachen der Massenmedien. Sie balancieren dabei auf der Grenze zwischen Glaubwürdigkeit und Unglaubwürdigkeit.

"The man who was everywhere II." kann als Beispiel für den direkten Kontakt zwischen Performer und Rezipient verstanden werden. Die Performer berichten über den Prozess einer Kunstaktion im öffentlichen Raum und über die Reaktionen der Passanten, die, ohne es zu merken, zu Rezipienten werden. Während der Aktion sind die Performer ständig mit den Reaktionen der Passanten konfrontiert. Sie rezipieren und interpretieren diese und sind dabei Zuschauer der Zuschauer.

In "Kunst und Gesellschaft I-III" verwendet Sebastian Blank die Machinima-Technik, was bedeutet, dass er seinen Film mit Hilfe eines Computerspiel-Engines generiert hat. Im Namen der Kunst erzeugt er Störungen in der Paralellwelt der Unterhaltung.

Dávid Adamkó und Adrian Alecu arbeiten auch mit vorhandenem massenkulturellen Material. In „FTTSZT (s.r.a.w. rats)” von Adamkó wurde ein beliebter ungarischer Zeichentrickfilm aus dem Jahre 1980 bearbeitet. Das unangenehme Niesen der Protagonisten wird auf einmal als künstlerische Begabung entdeckt, was nicht nur gesellschaftliche Anerkennung sondern auch Erwartungen erzeugt.

Alecus originelle Aufnahmen in „Bukarest 1992” sind amateur- und home Videos aus Rumänien. Die neue, günstige Technik wurde einerseits zur Dokumentation des Privatlebens, andererseits aber auch für kreative Zwecke genutzt – die technische Entwicklung machte es möglich, aus der passiven Konsumenten-Rolle herauszutreten und, von zeitgenössischen Aktionfilmen inspiriert, selbst zum Filmemacher zu werden.

Letztlich zeigt Yuri A fünf Versuche, den Begriff ’Kunst’ zu definieren. Diese reichen von Schweigen über die Assoziationen eines Bodybilders bis hin zu kunstphilosophischen Zitaten und Formulierungen, die aus einem Lexikon stammen könnten. Aus den unterschiedlichen Herangehensweisen, die durch die überzeichneten Figuren verkörpert werden, entsteht ein absurdes, chaotisches Gesamtbild der Verwirrung und inkompatibler Begrifflichkeiten. Alle Versuche, eine eindeutige, universelle Definition zu finden, sind zum Scheitern verurteilt.

Text von Virág Bottlik

 

Der Weg, dem man folgt

Stellen wir uns vier blinde Männer vor: Jeder ertastet einen anderen Teil eines Elephanten, den Stoßzahn, den Schwanz usw. Sie beschreiben einander den ertasteten Teil und werden dennoch nicht herausfinden, was genau ein Elephant ist. Dies sei ein Gleichnis über Wahrnehmung und Bewusstheit, wird am Ende des Filmes "Traces of an Elephant" (Vanessa Nica Mueller) resümiert. Die Schlussfolgerung der Passage lautet: „Unsere Erkenntnis ist begrenzt durch
unser fehlendes Bewusstsein des Ganzen”. Auch wenn man einen Elefanten physisch unmittelbar wahrnehmen kann, stößt man bei dem Versuch, den Begriff "Elefant" erschöpfend zu erfassen, an Grenzen. Der "Elefant" ist in verschiedenen Kulturen mit bestimmten Orten verbunden, beispielsweise mit der Sahara oder dem Zoo. Es gibt verschiedene Elefantenarten, im Hinduismus kommt ihm eine spezielle Symbolik zu und er wird sogar mit einer Disney-Figur oder einem deutschen Jagdpanzer aus dem zweiten Weltkrieg assoziiert. Auch bei diesem relativ unkompliziert scheinenden Fall des Elefanten ist es unmöglich, alle Konnotationen des Begriffs zusammenzutragen.

Bei der künstlerischen Abbildung des Elefanten ist es ebenso unmöglich, alle Bezüge auf einmal zu erfassen. Im hinduistisch-religiösen Kontext ist die
Assoziazion mit einem Jadgpanzer meistens irrelevant, genau wie die mit "Dumbo". Bei der Gestaltung einer Erzählung, muss der größte Teil des Bedeutungsgewebes ausser Acht gelassen werden, damit die gemeinte Bedeutungsebene im Vordergrund stehen kann. Subjekt und Objekt der Geschichte müssen mit der Handlung kompatibel sein. Damit man einem Gedankengang folgen kann, muss der Weg von überflüssigen Nebenpfaden frei sein. Zwischen "Erzähler" und Publikum wird eine unausgesprochene Vereinbarung bezüglich des Interpretationsrahmens vorausgesetzt, wodurch die Rezeption erst möglich wird.

In dem Programm „Der Weg, den man folgt” werden Filme gezeigt, die sich mit dem Interpretationsrahmen selbst auseinandersetzen und diesbezüglich den Spielraum sowie die vorgegebenen Muster thematisieren.

In "Traces of an Elephant" gibt die schwierige politisch-gesellschaftliche Situation in Nordirland den Rahmen vor. Vanessa Nica Mueller benutzt Film-Ausschnitte aus Alan Clarkes viel diskutiertem Kurzfilm "Elephant" (1989) und kombiniert diese mit Audioaufnahmen, in denen Menschen aus Belfast über Szenen aus dem Film, über Veränderungen in der Stadt und über persönliche Erinnerungen, die mit dem Film in Zusammenhang stehen, sprechen. Die Kamera folgt mit schonungsloser Objektivität Täter und Opfer eines Mordfalles auf dem Weg zur Tatort, aber kurz vor dem Mord ist die Szene plötzlich zu Ende und wir springen über zum nächsten Mordfall. Es gibt keine Möglichkeit zur Flucht und auch keine Erklärung. Wie einer der Interviewten sagt: Man habe das Gefühl, dass die Stadt selbst bzw. ihre Struktur schuld sei – es sei nämlich kein anderes Motiv zu erkennen.

Das serbische Autoren-Team Doplgenger (Isidora Ilic & Bosko Prostran) thematisiert gender-spezifische Rollenmuster. Nach der Theorie von Laura Mulvey, der bedeutenden feministischen Filmtheoretikerin, ist im Kino die Subjektposition immer dem Mann (Träger des Blickes), die Objektposition immer der Frau ("Erträgerin" des Blickes) zugeteilt. Die Perspektive gibt mögliche Rollen, mögliche Narrative vor und wir akzeptieren diese Muster ohne uns ihrer bewusst zu sein.

In "Glebs Film" erzählt ein Friseur seinen KundInnen eine Liebesgeschichte, die als Entwurf für einen Spielfilm dienen soll. Die Handlung wird durch die Einwohner und die Verhältnisse der Gegend inspiriert, in der der Erzähler und die Zuhörer wohnen. Die Handlung wird während des Erzählprozesses unter Berücksichtigung der Anmerkungen und Gegenreden der einzelnen KundInnen modifiziert. Die durch die Diskussionen entstehende Geschichte könnte als eine fiktionale Abbildung der kleinen Welt des Friseursalons verstanden werden.

Text von Virág Bottlik

 

Ich?

Dieses Programm hätte auch mit einem Ausrufezeichen bekräftigt werden können. Denn es erfordert erst einmal Selbstbewusstsein, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Aber die Suche nach dem (künstlerischen) Ich ist meistens ein nachdenkliche Reise, egal wie humorvoll oder experimentell sie durchgeführt wird. Das Sich-Hinterfragen ist der Keilriemen, der den Zuschauer antreibt, nicht nur Voyeur zu sein. Die große Frage nach der Identität des Künstlers wird in diesem Programm in einem Road-Movie, in einem Dialog und in einem Selbstgespräch vor der Kamera untersucht.

"Ich?" beginnt mit einem Video, welches ebenfalls ein Fragezeichen im Titel trägt: "What Do You Think Of Me?" Es beginnt wie ein Selbstportrait der brasilianischen Künstlerin vor der Kamera, aber es stellt sich heraus, dass sie von verschiedenen Personen aus Finnland aufgenommen wird, die sie aus dem Off beschreiben und mit ihr in Dialog treten. Eine Reise ohne sich vom Platz zu bewegen, auf der unterschiedliche Sichtweisen über kulturelle und geografische Grenzen hinweg beobachtet werden können.

"Dresden Hand" ist ein Reisefilm ganz anderer Art: Eine Collage aus Texten und teils surrealistischen Kameraaufnahmen reflektiert den Aufenthalt des bulgarischen Künstlers in Dresden. Fast wie ein Blinder erforscht er mit seiner Hand in Großaufnahme die Details der Stadt, die er mit ebensolch ironischen Textkommentaren begleitet.

Ironisch in ihrer Ernsthaftigkeit ist auch "Maria", ein gemaltes Portrait, das mit sich und seiner Malerin nicht zufrieden ist und mit Referenzen zu besser gelungenen Portraits ihrer Freunde in Kürze eine ganze imaginäre Ölbilderwelt zum Leben erweckt. Eine einfache Animation, die die Kraft der bewegten Bilder gerade mit ihren sparsamen Bewegungen zelebriert.

Die Frage nach dem Künstler(innen)dasein stellt der "Film about Unknown Artist", der schon im Titel ein grundlegendes Paradox aufzeigt. Woher kommt das Selbstbewusstsein Künstler zu sein? Woher kommt die Inspiration, die Magie der Kunst? In einem Road-Movie über ihre Heimat Litauen erforscht die Künstlerin in ikonenhaften Super-8-Bildern persönliche, religiöse und nationale Symbole.

Den Fragen nach Kunst und Persönlichkeit geht der letzte Beitrag des Programmes, "Lecture (Contemporary Art for Parents)" im direkten Dialog nach. Die Künstlerin redet mit ihren Eltern über die internationale Kunstszene und die Gründe, sich mit Kunst zu beschäftigen. Eine unterhaltsame Lehrstunde, die nicht nur für die Angehörigen, sondern für alle Kunstinteressierte inszeniert ist.

Text von Eike Berg

 

Täuschung

Die Täuschung ist eine der spannendsten Möglichkeit der elektronischen Medien. Gleichzeitig stellt sie auch ein grundlegendes menschliches Bedürfnis dar. Aus dieser Kombination ergibt sich die Faszination der irreführenden bewegten Bilder. Ihr Ursprung reicht weit über Schattenspiele und erfundene Reiseberichte bis zur Tarnung im Urwald und in den Religionen zurück. Im Groben kann man optische und imaginäre Täuschungen unterscheiden. Dieses Programm besitzt seinen Schwerpunkt im Visuellen, bietet aber auch spielerische Grenzüberschreitungen. Die Kamera stellt dabei oft eine wichtige subjektive Perspektive dar.

Eine der direktesten Möglichkeiten zur visuellen Täuschung ist die Verwendung des Kamerabildes als fixierte Perspektive. Damit sieht man das Geschehen nur als zweidimensionale Ebene und kann wie bei einer Theateraufführung leicht getäuscht werden. So zu Beispiel bei dem Video "Line", in dem eine schwarz gekleidete Person auf einer Bild füllenden weißen Wand eine senkrechte schwarze Linie pinselt und am Ende vor dem schwarzen Hintergrund vollständig verschwindet, oder ebenjene Figur sich im Schnee wälzend eine schwarzes Loch erzeugt.

Eine etwas komplexere Art der Täuschung ist die Ausnutzung der Physiologie des menschlichen Auges, welches als stärksten Reiz Bewegung wahrnimmt, erst später Kontrast, Farben und zuletzt  konkrete Formen. Im Video "Spin" lenkt die sich ununterbrochen drehende Drehtür die Aufmerksamkeit von den wechselnden Umgebungen ab. Ähnlich funktioniert "Revision", wo ein mehrteiliges Fenster im Vordergrund einen Rahmen bildet, hinter dem in einem Hof immer unwahrscheinlichere Ambiente entstehen.

Bei "Dew Point" kann man nicht entscheiden, ob es sich um eine absichtliche Bildmanipulation handelt oder tatsächlich eine Person im Nebel gerade an der Sichtgrenze erscheint und verschwindet. Bei anderen Videos geschieht die Täuschung schon am aufgenommenen Objekt. "Post Global Warming Survival Kit" zeigt Bilder, die man in der Realität nicht sieht. Eine Infrarotkamera zeigt eine Installation, die nur von Infrarotlampen beleuchtet ist und für das bloße Auge im totalen Dunkel liegt. Die Manipulation des Videobildes kann auch sehr subtil auf der Bildebene erfolgen, wie bei "This art piece was seeking my reflection", wo das Bild des Betrachters immer wieder gespiegelt und verzerrt auf den Oberflächen von Bildern erscheint.

Eine andere Art der Verfremdung des Videobildes ist die Defragmentierung, die Zerlegung in Einzelteile wie bei "Loop", in der unterschiedliche Zeitebenen einer S-Bahnfahrt in verschachtelten Rechtecken gleichzeitig zu sehen sind und eine eigenartige Bewegung in Zeit und Raum hervorbringt.
Ganz ohne technische Manipulation funktioniert "Are You Looking At Me?". Die
scheinbar einfache Aufnahme einer Straßensituation täuscht über die Tatsache hinweg, dass die Präsenz der Kamera einen manipulativen Eingriff darstellt, der
das Verhalten der Passanten beeinflusst. Die Kamera ist eben nicht nur technisches Werkzeug, sondern auch Zauberkasten und ein Medium, welches die Welt verändern kann.

Text von Eike Berg

 

Unbehagen (Spektakel)

Schon 1946 sprach Ad Reinhardt vom Unbehagen des Betrachters, wenn das Kunstwerk den Betrachter direkt anspricht und seine Position und Wahrnehmung infrage stellt. In der Reihe "How to Look at Modern Art in America" veröffentlichte er Zeichnungen im P. M. Magazin in New York. Eine der Zeichnungen zeigt einen lachenden Besucher, der vor einem abstrakten Gemälde steht, mit dem Finger darauf zeigt und fragt: "Für was steht das?" Das Gemälde antwortet, indem es wütend den Finger zurück auf den Betrachter richtet: "Für was stehst Du?" Die unerwartete Gegenfrage des Gemäldes selbst, konfrontiert den Betrachter mit der Tatsache, dass seine Erfahrungen und privaten "Ideologien" seine Wahrnehmung beeinflussen.

In allen Videos des Programmes "Unbehagen (Spektakel)" wird der Zuschauer mit seinen Erwartungen und seiner Wahrnehmung in Bezug auf die Dreierbeziehung, zwischen Kunstwerk (dem Spektakel oder dem Beobachteten), dem Beobachter oder dem Akteur (im Video) und uns als den externen Beobachtern/dem Publikum konfrontiert. Das Unbehagen, das diese Fragen hervorrufen, wird offengelegt: Was sehen wir? Was "repräsentiert" es? Und weiterführend: Was kann Kunst? Was erwarten wir von ihr?

Das Programm umfasst sechs Videos. In Inez de Coos "Prologue" (2010) wird die Maschinerie hinter der Produktion von Narrativen angegriffen und wir werden mit unseren eigenen Erwartungen an Narrative konfrontiert. Malthe Stigaards "Talk Show" (2010) verwandelt den Besucher eines Kunst-Ereignisses in einen Schauspieler in einem selbstreflexiven Video über die Frage, was Kunst ist. In "Cold Milk" (Hannah Haaslahti, 2010) teilen wir das Trauma der Betrachterposition. In "Fiction is over" (Marta Azparren, 2010) konfrontiert uns die Künstlerin/Schauspielerin direkt mit all den Fragen, die sich aus stereotypen Aussagen über Kunstwerke ableiten lassen. In Vladimir Nikolic’s "Installation" (2009) geht es um die Schnittstelle zwischen dem Performer, dem Künstler als Zuschauer/Kommentator und uns als Publikum.

Text von Radmila Joksimovic

 

Unbehagen (Institution)

Das Programm umfasst fünf Videos, welche die Rolle des Betrachters, des Teilnehmers, des Künstlers (Regisseurs) und des Performers ineinander blenden. Das einzige Video, das thematisch heraussticht, ist "Untitled" von Hacer Kiroglu (2007). Es zeigt, wie die Künstlerin damit beginnt, sich die Zähne zu putzen und im Folgenden in einem äußerst schmerzhaften Prozess ihre Wangen und ihr gesamtes Gesicht schrubbt. Die ganze Szene erscheint wie ein Sprechakt ohne Sprache, wie eine schmerzhaft, schwer zu ertragende Art zu sprechen ohne Worte. Dabei wird die Frage nach der Möglichkeit zu Sprechen gestellt, im Besonderen innerhalb der Kunst als Institution und der Kunstinstitutionen.

Das Video "Dualität" (Jiri Janda, 1999) ist durch eine Atmosphäre geprägt, welche eine schmerzvolle Rezeption hervorruft. Wir sehen die Dokumentation einer Kunstaktion aus den 90er Jahren, in welcher der Künstler eine weibliche Skulptur mit einer Feile entzwei teilt.  Das Publikum im Video ist, wie wir selbst, unsicher, ob es sich bei der Aktion um den Zerstörungsakt eines Kunstwerkes oder ein eigenständiges Kunstwerk handelt. Außerdem stellt es das erwartete Verhalten in Bezug auf Kunst als Institution und die Möglichkeiten in dieser Aussagen zu tätigen, infrage. Das Video "Cultural Guide" (Deborah Ghisu, 2009) erforscht weiter die Konventionen von Kunst als Institution und Kunstinstitutionen und bringt gleichzeitig Unbehagen in unsere eigene Position als Zuschauer.

In "Escalating Perception/The Gaze" (Christian Niccoli, 2004) werden wir aus unseren bequemen Kinosesseln auf eine Rolltreppe geholt, die sich parallel zu einer anderen Rolltreppe befindet, auf der Performer auf- und abfahren. Die scheinbar desinteressierten Passanten beginnen plötzlich, uns mit Aussagen zu konfrontieren, die aus Partneranzeigen stammen könnten. Wir werden angeregt, über uns als Individuen in den institutionalisierten und stereotypen Rollen in Beziehungen, Ehen etc. nachzudenken. In Zoran Todorovic’s „Noise“ wurde Passanten auf der Straße, Patienten einer Psychiatrie und Häftlingen in einem Gefängnis eine Stimme gegeben. Sie sprechen zum Künstler selbst und zum Publikum (uns) statt anders herum. Ihre Geschichten enthüllen das tiefgreifende menschliche und politische Drama vom Serbien der 1990er Jahre.

Text von Radmila Joksimovic